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Antrag zu TransGender-Personen

  • Montag, 6. Dezember 2004 @ 20:06
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Positionen Der 33. Parteitag der KPÖ (4./5. Dezember 2004 in Linz) hat auf Antrag der Parteigruppe Red:out! mit großer Mehrheit folgende aktuelle politische Stellungnahme beschlossen:

"TransGender-Personen: Schutz vor Diskriminierung schaffen - Bestehende rechtliche Diskriminierungen beseitigen" Die österreichische Bundesregierung hat die Frist zur Schaffung eines Antisdiskriminierungsgesetzes (1) tatenlos verstreichen lassen, obwohl ein Entwurf des Bolzmann-Institutes für Menschenrechte für ein solches Gesetz bereits mehr als zwei Jahre lang vorlag. Nach der Klage der EU-Kommission gegen Österreich (2) präsentierte die Bundesregierung das "Bundesgesetzes über die Gleichbehandlung" (GlBG) das nur ein absolutes Minimum der EU-Richtlinie in nationales Recht umsetzt, in weiten Teilen lückenhaft ist und von allen betroffenen NGOs entschieden abgelehnt wird. Während wir uns der eingeschränkten Wirkung solcher Antidiskriminierungsgesetze durchaus bewusst sind, ist es trotzdem ein Skandal, das die schwarz-blaue Bundesregierung hier wiederum nur unter internationalen Druck bereit ist, wenigstens Mindeststandards zu erfüllen.
Ein Thema, das besonders Gefahr läuft, in dieser Debatte unterzugehen, sind die berechtigten Anliegen von TransGender-Personen (Amtsdeutsch: Transsexuelle): hier gilt es endlich die in Österreich bestehenden Diskriminierungen zu beseitigen und - wie im Entwurf des Bolzmann-Institutes vorgesehen - einen wirksamen rechtlichen Diskriminierungsschutz zu schaffen. Während in anderen europäischen Staaten (z.B. Finnland) die Anerkennung der Rechte der Transsexuellen bereits verwirklicht wurde, ist Österreich nicht nur bei Schutz vor Diskriminierung säumig, sondern hat in seiner aktuellen Rechtspraxis mehre Bestimmungen die TransGender-Personen in vielerlei Hinsicht diskriminieren.

Insbesondere unterstützt die KPÖ deshalb folgende Forderungen:
- Das Recht auf freien Ausdruck der eigenen Geschlechtlichkeit und Schutz vor Diskriminierung
Jeder Mensch hat das Recht auf freie Wahl des eigenen Geschlechts und auf den uneingeschränkten Ausdruck aller geschlechtlichen Empfindungen. Das Leben einer solchen Entscheidung darf nicht zu Diskriminierungen in Alltag und Beruf führen.
Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetzes zu schaffen, auf dessen Basis sich auch TransGender-Personen gegen sexistische Belästigungen und Diskriminierungen wehren können.

- Das Recht auf freie Namenswahl
Nach geltendem Recht ist es in Österreich nicht möglich einen Vornamen zu wählen, der nicht dem staatlich zugewiesenem Geschlecht entspricht. Wer offiziell einen anderen Vornamen führen möchte, kann dies erst nach Zwangstherapie und einer geschlechtsangleichenden Operation - eine Regelung (3) die an der Lebensrealität vieler TransGender-Personen, die ein anderes Geschlecht bereits vor oder ganz ohne geschlechtsangleichende Operation leben, vorbeigeht. Die KPÖ unterstützt daher die Forderung nach dem Recht zur eigenverantwortlichen freien Wahl des Vornamens.

- Streichung der Geschlechtsdeklarationen in amtlichen Ausweisen
In amtlichen Dokumenten und Lichtbildausweisen wird immer noch das staatlich zugewiesene Geschlecht ausgewiesen. Damit werden viele Transgender gezwungen eine Geschlechtlichkeit zu deklarieren, die ihrer Lebenspraxis widerspricht.
Die Gleichheit aller - ungeachtet ihres Geschlechtes – ist eine Grundlage des modernen Rechtstaats; die Angabe eines staatlich festgestellten Geschlechts in amtlichen Dokumenten ist aus unserer Sicht ein Anachronismus, dessen Beseitigung längst überfällig ist. Wir fordern die ersatzlose Streichung der Geschlechtsdeklarationen in amtlichen Ausweispapieren.


Begründung

Das Scheitern eines umfassenden Antidiskriminierungsgesetzes bzw. die Entstehungsgeschichte des neuen "Bundesgesetzes über die Gleichbehandlung" (GlBG) belegen neuerlich eindrucksvoll, dass dieser Regierung der Kampf gegen Diskriminierungen kein Anliegen ist, sondern das bestenfalls "lästige" EU-Richtlinien verspätet und möglichst minimalistisch umgesetzt werden.
Die jetzt von der Bundesregierung geschaffene Gesetzeslage bleibt weit hinter dem Rest der EU-Staaten zurück und ist mehr als unbefriedigend. Gerade die Anliegen von TransGender-Personen laufen Gefahr aus der Debatte zu verschwinden. Umso wichtiger scheint uns eine klare Positionierung der KPÖ auch zu diesem Thema.





Anmerkungen:

(1) Die Umsetzungsfrist für die „Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft“ (2000/43/EG) endete am 19. Juli 2003, für die „Rahmenrichtlinie für Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“ (2000/78/EG) lief die Umsetzungsfrist im Dezember 2003 ab. Der für die Umsetzung dieser Richtlinie vom Ludwig Boltzmann – Institutes für Menschenrechte in Zusammenarbeit mit mehreren NGO´s erarbeitete Entwurf für ein Antidiskriminierungsgesetz sah erstmals auch für TransGender-Personen einen wirksamen Rechtsschutz gegen Diskriminierung vor.

(2) Da Österreich es verabsäumt hat, diese Richtlinien innerhalb der vorgegeben Frist in nationales Recht um zusetzen (d.h. eigene Antidiskriminierungsgesetze zu schaffen) hat die EU-Kommission im Juli 2004 Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich sowie fünf weitere EU-Staaten eingeleitet. Diese Entscheidung der Kommission bedeutet, dass die betreffenden Mitgliedstaaten zwei Monate Zeit haben, um auf eine „begründete Stellungnahme“ der Kommission zu antworten. Danach können sie sich als nächsten Schritt mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof konfrontiert sehen.

(3) Geregelt in den „Empfehlungen für den Behandlungsprozeß von Transsexuellen in Österreich“ vom Juni 1997 und dem "Transsexuellen Erlass" des Bundesministerium für Inneres, Zahl: 36.250/66-IV/4/96 vom 27.11.1996.